Internationales Kolloquium zu den Erinnerungskultur(en) in der Familie Leuchtenberg, organisiert vom DFK Paris gemeinsam mit dem Musée national des châteaux de Malmaison et Bois-Préau und dem Bayerischen Nationalmuseum, aus Anlass des 200. Todesjahrs des Gründungsvaters der Leuchtenberg-Dynastie, Eugène de Beauharnais, verstorben am 21. Februar 1824 in München. Das Kolloquium findet am 24.–25. Oktober 2024 im Bayerischen Nationalmuseum in München statt.
Vor dem Hintergrund der spezifischen erinnerungskulturellen Konstellation der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die gleichermaßen durch die neue Gefühlskultur der Epoche der Empfindsamkeit wie durch die Restaurationszeit mit ihren anti-französischen Tendenzen geprägt ist, soll die Ausbildung unterschiedlicher Erinnerungspraktiken und/oder Erinnerungskonzepte der Familie Leuchtenberg im 19. Jahrhundert untersucht werden. Die französisch-napoleonische Herkunft und der Verlust einstiger Größe, der mit dem Gang ins bayerische Exil und einem Namenswechsel einherging, prägten nachhaltig ihre Stellung im Königreich Bayern, wo sie seit der Ernennung Eugènes zum Herzog von Leuchtenberg und Fürsten von Eichstätt durch Maximilian I. Joseph am 15. November 1817 die ranghöchsten Adligen außerhalb der königlichen Familie waren.
Ihre reiche materielle Hinterlassenschaft, darunter Erinnerungsalben, Memorialschmuckstücke, handwerkliche Erzeugnisse oder auch Einrichtungsgegenstände, die sich bis heute in öffentlichen wie privaten Sammlungen erhalten haben, ist Teil des Epochenphänomens der »unübersehbare[n] Konjunktur des dinglichen Andenkens in der materiellen Kultur des 19. Jahrhunderts« [Holm/Oesterle 2005]. Neben Einzelobjekten hinterließen die Leuchtenberg eine zahlreiche Korrespondenz, Tagebücher, Sammlungen, Bibliotheken und Archive sowie eine typisch adelige Erinnerungs- bzw. Sachkultur bestehend aus Grabmonumenten wie etwa die Herzurnen in der Kapelle des Münchner Leuchtenberg-Palais (heute Wittelsbachergruft in St. Michael), Stiftungen oder auch Porträtserien. Als »Mittel zu Erinnerung« sind sie beredte Ausdrucksformen für die innige Beziehung der einzelnen Familienmitglieder zueinander, die sich durch den frühen Tod des Vaters und durch die räumliche Trennung in Folge einer erfolgreichen Heiratspolitik intensivierte. Neben Frankreich, Italien und Bayern als den historischen Hauptwohnsitzen finden sich die Spuren der Familie auf Grund der Heirat von Joséphine von Leuchtenberg (1807–1876) in Schweden, von Amélie (1812–1873) in Brasilien, von Auguste (1810–1835) in Portugal und von Eugénie (1808–1847) und Théodelinde (1814–1857) in Süddeutschland (Fürstentum Hohenzollern-Hechingen, Württemberg). Mit der Heirat des jüngsten Sohns und Erben Maximilian, 3. Herzog von Leuchtenberg (1817–1852) am 14. Juli 1839 mit Marija Nikolajewna, der Tochter Zar Nikolaus I., beginnt schließlich die russische Phase der Familiengeschichte.
Die erstmalige Dokumentation der weltweit verstreuten »Artefakte und Medien« aus Leuchtenberg-Besitz und ihre gemeinsame Neubewertung durch das Prisma der Erinnerungskultur, etwa der Frage von Materialität und Medialität, aber auch die Untersuchung haptischer Eigenschaften oder von Performativität ist Ziel des Kolloquiums, ebenso wie die Darstellung genauer Provenienzen. Wie Objekte innerhalb der Familie verschenkt, gewidmet, vererbt oder eventuell getauscht wurden, ist entscheidend für ihre genaue Verortung in den familiären Erinnerungspraktiken. Neben der sentimental-emotionalen Ausrichtung – z.B. Erinnerungsobjekte, »die der bedürftigen Seele zur Anlehnung dienen« [Praz] oder das »Interieur als Fluchtorte in die Erinnerung« − stellt sich für die neufürstliche Familie Leuchtenberg auch die Frage nach der Motivation von Erinnerung. Das Ausloten »sozialer Sinn- und Zeithorizonte«, etwa durch die Untersuchung des Vergangenheitsbezugs und einer noch zu definierenden Zielrichtung der familiären Erinnerungskultur(en) soll dazu beitragen, die Leuchtenberg, die sich in ihrer Zeit als Dynastie neu erfinden und behaupten musste, als eine »Gedächtnisgemeinschaft« [Jan Assmann; Pierre Nora] des 19. Jahrhunderts besser zu verstehen.
Siehe ausgewählte Literatur zur Familie Leuchtenberg im beigefügten PDF.
(FR) « Les cœurs des Leuchtenberg » – Culture(s) mémorielle(s) d’une famille de la noblesse européenne au XIXe siècle
Colloque international sur la ou les cultures mémorielle(s) de la famille Leuchtenberg, organisé par le Centre allemand d’histoire de l’art Paris (DFK Paris) en collaboration avec le Musée national des châteaux de Malmaison et Bois-Préau et le Bayerisches Nationalmuseum à Munich, à l’occasion du bicentenaire de la mort du fondateur de la dynastie des Leuchtenberg, Eugène de Beauharnais, mort le 21 février 1824 à Munich. Le colloque se tiendra les 24 et 25 octobre 2024 au Bayerisches Nationalmuseum à Munich.
Voir la présentation détaillée dans le pdf ci-joint.
(EN) “The Hearts of the Leuchtenberg” – The Culture(s) of Remembrance of a 19th-Century European Noble Family
International colloquium on the cultures of remembrance within the Leuchtenberg family, co-organized by the German Center for Art History Paris (DFK Paris) with the Musée national des châteaux de Malmaison et Bois-Préau and the Bayerisches Nationalmuseum in Munich, on the occasion of the two-hundredth anniversary of the death of the founding father of the Leuchtenberg dynasty, Eugène de Beauharnais, who died on 21 February 1824 in Munich.The colloquium will take place 24–25 October 2024 in the Bayerisches Nationalmuseum in Munich.
See the detailed presentation in the pdf enclosed.
Organisationskomitee / Comité d’organisation / Organizing Committee
- Elisabeth Caude, Directrice du Service à Compétence Nationale des musées nationaux des châteaux de Malmaison et Bois-Préau, de l’île d’Aix et de la Maison Bonaparte à Ajaccio
- Dr. Jörg Ebeling, Forschungsleiter, Deutsches Forum für Kunstgeschichte Paris
- Dr. Sybe Wartena, Wissenschaftlicher Referent für Möbel, Musikinstrumente, Spiele und Stadtmodelle, Bayerisches Nationalmuseum
Wissenschaftliches Komitee / Comité scientifique / Scientific Committee
- Dr. Birgit Jooss, Wittelsbacher Ausgleichsfonds, Leiterin Kunst und Tradition
- Dr. Sylvia Krauss-Meyl, Archivdirektorin a.D. im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München
- Lars Ljungström, Head of the Department of Collections and Documentation, The Swedish Royal Collections, Schweden
- Prof. Dr. Hans Ottomeyer, ehemaliger Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum in Berlin
- Marina Rosa, Vorsitzende des Centro documentazione Residenze Reali lombarde