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OI Istanbul

Cüneyt Ersin Mıhcı

This is what I am working on:

Mein Forschungsgebiet lässt sich grob in zwei Felder aufteilen: Das erste erforscht kompositionstechnische Fragen osmanischer Vokalmusik. Meine These ist, dass osmanische Musik nicht willkürlich komponiert und zusammengesetzt ist, sondern einem obersten Prinzip von Ausgewogenheit und Harmonie in den Verhältnissen der musikalischen Elemente zueinander folgt. Um dieser These auf den Grund zu gehen, studiere ich die Strukturen und Beschaffenheit der Musikstücke, die in Liedtextanthologien und Notaten überliefert worden sind.

Das zweite Forschungsfeld beschäftigt sich mit dem Einfluss der Moderne auf die osmanische Musik im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Um dem Modernisierungsgedanken zu entsprechen, versuchten osmanische Intellektuelle westliche Musikelemente wie Polyphonie, Harmonie, Instrumentation und Notation zu implementieren und suchten nach Wegen diese mit der traditionellen Musik zu verzahnen. Dass ähnliche Ideen anderswo, z.B. in Griechenland, und noch ferner, in Japan, Anwendung fanden, zeigt die vielschichtigen kulturellen Verstrickungen und die kulturelle Dominanz des Westens jenseits des europäischen Kontinents. Mich fasziniert es, nachzuvollziehen, wie diese Konzepte debattiert und auf die eigenen traditionellen Musikkulturen angewandt wurden und auf welchen Grad der Akzeptanz oder Ablehnung sie gestoßen sind.

What excites me about my field of research?

Das Thema Musik im Osmanischen Reich ist ein so Vielschichtiges, dass selten eine Disziplin ausreicht, möchte man die zahlreichen Verstrickungen auch nur annähernd begreifen. Vor allem die Aufarbeitung historischer Quellen und ihre Digitalisierung hat der Forschung ganz neue Möglichkeiten eröffnet, die Musikgeschichte des Osmanischen Reiches mehr oder weniger neu zu schreiben. Zwar ist noch viel Pionierarbeit gefragt, aber es ist faszinierend, Einblicke und Zusammenhänge zu erkennen, die man bisher nicht geahnt hatte. Inspirierend ist es auch mit Forschenden benachbarter Nationen zu kooperieren und das Verständnis eines gemeinsamen Kulturerbes zu fördern.

What is the biggest challenge in my research?

Das Osmanische Reich war ein Vielvölkerstaat. Wenn man sich wissenschaftlich mit ihren Quellen auseinandersetzen möchte, ist es hilfreich, die damals geläufigen Sprachen zu lernen. Denn diese Sprach- und Kulturvielfalt ist im Zuge der Nationalstaaten abhandengekommen und heutzutage gibt es kaum noch Wissenschaftler, die dieser Mehrsprachigkeit Herr sind. Die Quellen sind nicht immer osmanisch Türkisch, sondern auch auf Neu-Griechisch, Armenisch, Hebräisch, Französisch und Italienisch. Neben diesen sprachlichen Herausforderungen ist es aufwendig Quellen und Forschungsdaten zu sortieren und zu strukturieren, bevor man mit der eigentlichen Forschungsarbeit beginnen kann. Das erfordert einen langen Atem. Hat man diesen Schritt getan, gewinnt man ganz neue Einblicke und bekommt von der osmanischen Musikgeschichte ein anderes Bild.

Institutional assignment and task:

Dr. Cüneyt Ersin Mıhcı ist musikwissenschaftlicher Referent zuständig für das Forschungsfeld „Musik im Osmanischen Reich und der Türkei“.

Contributions from the thematic portal

Die Architektur der 'hâne' in der osmanischen Vokalmusik

Ein musikalisches Werk wie ein Haus, gebaut aus Tönen, Texten und Rhythmen – doch was passiert, wenn eines der Elemente aus dem Gleichgewicht gerät? Ersin Mihci erforscht am Orient Institut Istanbul, wie osmanische Musik geschaffen und weitergegeben wurde und wie diese Kunst durch den Einfluss westlicher Musik tiefgreifend verändert wurde.