Basierend auf biographisch-narrativen Interviews, Gesprächen und teilnehmenden Beobachtungen erforscht mein Projekt Lebenswelten und Beziehungen der libanesischen Kriegs- und Nachkriegsgeneration. Im Fokus stehen intergenerationale Beziehungen und Liebesbeziehungen, Selbst- und Fremdbilder sowie Konstruktionen kollektiver Identitäten (u.a. konfessionelle und gender) sowie Brüche mit diesen und Wege der Selbstverwirklichung vor dem Hintergrund subjektiver und objektiver Gewalt (Zizek).

Mich reizt der Gegenwartsbezug des Themas, das Gefühl, an einem Stück Zeitgeschichte teilzuhaben, den Spuren der Vergangenheit in der Gegenwart nachzugehen, Wandel hautnah zu erleben, der Bezug zu Menschen, die Verwendung des Arabischen als lebendiger Sprache sowie die Verknüpfung verschiedener Disziplinen (Anthropologie, oral history, Psychoanalyse).

Ich denke, all das, was mich daran reizt: das Gefühl, zu nahe am Puls der Zeit zu sein und aufgrund dessen nicht alles zu sehen und zu begreifen: die Sorge, die Menschen nicht wirklich zu verstehen, die Herausforderung, das was sie fühlen, in einen Text zu verwandeln. Hinzu kommen die Bedenken, aus einer Position des institutionellen Behütetseins eine Gesellschaft in der Krise als wissenschaftliches Labor zu benutzen und dementsprechend die eigene Positionalität zu wenig auf ethische Aspekte kritisch zu hinterfragen.

Sarah El-Bulbeisi ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Orient-Institut Beirut und darüber hinaus zuständig für die dortige Öffentlichkeitsarbeit.