Der Rhein hat sich von einer vermeintlich natürlichen Grenze zu einem Symbol des geeinten Europas entwickelt. Im 19. Jahrhundert war er aber nicht nur ein „Puffer“ zwischen den Antagonisten Deutschland und Frankreich, sondern auch ein Ort, der vor allem holländische und britische Maler anzog, deren Werke bis heute das Bild von der Rheinromantik prägen. Der Rhein wurde aber immer auch ökonomisch genutzt.
Die Ausstellung „Der Rhein. Eine europäische Flussbiographie“ in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland zeigt die 2000-jährige Kulturgeschichte des Flusses. Schon im Untertitel der Ausstellung ist erkennbar, dass der Rhein nicht bloß als Fluss wahrgenommen wird. Die Ausstellung impliziert eine eigene Biographie des Flusses, der sich als „Hauptschlagader Europas“ in die kulturgeschichtliche Botschaft der Europäischen Union einbettet: über ihn führt die Europabrücke, aber auch das Deutsche Eck liegt an seinem Ufer und erinnert daran, dass der Strom nicht immer ein Symbol des Friedens und der Verständigung vor allem zwischen Deutschland und Frankreich war.
Seit dem Wiener Kongress im Jahr 1815 ist der Rhein aber auch ein internationaler Wasserweg und eine Freihandelszone. In Bezug auf den Handel war der Fluss also schon europäisch bevor es zur Einigung des Kontinents kam. Heute ist er die meistgenutzte Wasserstraße Europas. Der Rhein fließt durch vier Staaten der Europäischen Union, darunter sind mit Deutschland, Frankreich und den Niederlanden auch Erstmitglieder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Aber kann der Fluss heute, wo die Europäische Union 28 Mitglieder zählt, noch als Symbol des vereinten Europas dienen?
Wie entstand das heutige Bild vom Rhein? Die Schweiz, die ein Anrainer des Flusses ist, ist kein Mitglied der EU – wer identifiziert sich überhaupt wie mit dem Rhein und warum? Welche Mythen ranken sich um den Fluss und für wen sind sie heute noch wichtig? Verkennt eine Fokussierung auf den Rhein als einer der Entstehungsorte der Europäischen Union, dass diese mittlerweile viel mehr ist als eine Verständigung der westeuropäischen Staaten? Ist die Bedeutung, die der Fluss in Westeuropa zu haben scheint, überhaupt wichtig für alle EU-Staaten? Welches Bild von Europa haben die jüngeren Generationen in den Ländern der europäischen Mitgliedsstaaten? Und ist dieses noch an Orten festzumachen?
Es diskutieren:
Dr. Marie-Louise Gräfin von Plessen, Kuratorin der Rhein-Ausstellung in der Bundeskunsthalle
Prof. Dr. Thomas Maissen, Deutsches Historisches Institut Paris der Max Weber Stiftung
Prof. Dr. Étienne François, Frankreich-Zentrum, Freie Universität Berlin
Dr. Andrea Despot, Europäische Akademie Berlin
Moderation: Dr. Michael Köhler, Kulturjournalist
Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung unter gid@maxweberstiftung.de wird gebeten. Mehr Informationen zur Podiumsdiskussion und zur Reihe finden Sie auf
www.geisteswissenschaft-im-dialog.de.
Veranstaltungsort
Bundeskunsthalle
Museumsmeile Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn
Hintergrund
Geisteswissenschaft im Dialog ist eine Veranstaltungsreihe, die federführend von der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland durchgeführt wird. Schirmherrin ist die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Johanna Wanka.
Die Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland ist eine bundes-unmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts. Sie fördert die Forschung mit Schwerpunkten auf den Gebieten der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften und forscht dezentral. Derzeit unterhält sie zehn Institute mit Standorten in Beirut, Istanbul, Kairo, London, Moskau, Neu-Delhi, Paris, Rom, Tokio, Warschau und Washington. Mit ihren weltweit tätigen Instituten leistet die Max Weber Stiftung einen wesentlichen Beitrag zur Verständigung und Vernetzung zwischen Deutschland und den Gastländern bzw. -regionen. Indem sie sowohl den Dialog der Fachkulturen fördert als auch Beschäftigte aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammenbringt, verstärkt sie die Internationalisierung der Forschung in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.
Die Bundeskunsthalle in Bonn ist ein einzigartiger Ort der Kunst, Kultur und Wissenschaft. Im Zentrum des Programms steht die Kunst aller Epochen, einschließlich zeitgenössischer Kunst, sowie Ausstellungen zu kulturhistorischen Themen und Archäologie, aber auch Präsentationen zu anderen Wissensgebieten wie Technik oder Ökologie. Ziel ist es, den Blick nicht nur auf die westliche Kultur zu richten, sondern eine globale Perspektive aufzuzeigen. Aufgabe der Bundeskunsthalle ist es, mit ihren Ausstellungen und Veranstaltungen national wie international ein Schaufenster für jenen offenen Kulturbegriff zu sein, der für die Identität der Bundesrepublik Deutschland von zentraler Bedeutung ist. Die bisher mehr als 220 Ausstellungen und unzähligen Konzerte, Lesungen, Filmprogramme, Kongresse und weiteren Veranstaltungen erfreuten sich des Zuspruchs von über 18 Millionen Besucherinnen und Besuchern. Der Einzugsbereich reicht bis nach Belgien, in die Niederlande, nach Luxemburg und nach Nordfrankreich. Die Bundeskunsthalle ist eine Kulturinstitution von europäischer Dimension.