Stellungnahme der Max Weber Stiftung zur geplanten Revision des WissZeitVG

Die Max Weber Stiftung (MWS) bringt sich mit dieser Stellungnahme in den Konsultationsprozess zu den derzeit vorgeschlagenen Änderungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ein.

Die MWS teilt das grundsätzliche Ziel einer frühen Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren. Sie teilt aber auch die Bedenken der Fachverbände und Wissenschaftsorganisationen und deren Hinweis auf die Folgen, die die Verkürzung der zweiten Qualifikationsphase für die Betroffenen sowie für die Qualität von Forschung und Lehre haben wird. Diese Negativeffekte würden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die während ihrer Postdoktorandenphase an den Auslandsinstituten der MWS arbeiten, in besonderem Maße treffen und eine Provinzialisierung und Renationalisierung der deutschen Forschung in den Geistes- und Sozialwissenschaften bewirken.


Mit ihren elf geistes-, sozial- und regionalwissenschaftlichen Instituten im Ausland leistet die MWS einen wichtigen Beitrag zur Internationalisierung der Netzwerke und Ausweitung der Auslandskompetenz an den deutschen Universitäten. Ein zentraler Auftrag der MWS-Institute ist es, deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Qualifikationsphase weltweit vor Ort forschen und langfristige Kontakte knüpfen zu lassen. Generationen von Professorinnen und Professoren in der Japanologie, in den Orientwissenschaften, der Geschichte der west-, süd- und osteuropäischen Länder, der Geschichte Nordamerikas, der Kunst- und Kolonialgeschichte haben die deutsche Forschungslandschaft in den letzten fünf Jahrzehnten zunehmend internationalisiert, gerade weil sie als Postdocs mehrjährige Aufenthalte (durchschnittlich viereinhalb Jahre) forschend an einem MWS-Institut verbringen konnten.


Dass die wissenschaftlichen Qualifikationsstellen an den elf Auslandsinstituten zeitlich befristet sind, entspricht dem Stiftungsauftrag, ein kontinuierliches Internationalisierungsangebot für deutsche Forschende bereitzustellen. Die Funktionsbeschreibung dieser Stellen zielt darauf ab, sich forschend für eine Universitätsprofessur zu qualifizieren. Daueraufgaben ohne qualifizierende Wirkung sind im Stellenprofil der Institute nicht enthalten.


Wissenschaftliche Mitarbeitende, deren Arbeitsverträge dem WissZeitVG unterliegen, werden aus Deutschland an die MWS-Institute im Ausland entsandt; die Laufzeit der Verträge beträgt in der Regel 3 plus 2 Jahre. Die Entsendung ist inkompatibel mit einer Entfristung, da die Vorgaben des BMBF unbefristete Entsendungen sowie spätere Entfristungen grundsätzlich ausschließen.
Der vorübergehende Wechsel ins Ausland ist fast immer mit Zeitverlusten verbunden, die u.a. durch Visabeschaffung, Spracherwerb und Umzug ins Ausland entstehen. Eine Begrenzung der Postdoc-Phase auf drei Jahre würde deshalb Kandidatinnen und Kandidaten an deutschen Universitäten zweifellos davon abhalten, ins Ausland zu ziehen. Das aber hätte langfristig nachteilige Folgen für die deutsche Forschungslandschaft in den Geistes- und Sozialwissenschaften.


Daher schlägt die MWS folgendes vor:


Auslands-Forschungsaufenthalte von über einem Jahr sollen grundsätzlich mit einem Faktor von maximal 0,5 auf der ‚Uhr‘ des WissZeitVG angerechnet werden. Dies würde erhebliche Internationalisierungsanreize schaffen.


Alternativ wäre eine Mindestlaufzeit von sechs Jahren in der Postdoc-Phase anzustreben.


Diese Stellungnahme wird von den wissenschaftlichen Mitarbeitenden in der Qualifikationsphase sowie von den Direktorinnen und Direktoren der Institute gemeinsam getragen.