China – Normen, Ideen, Praktiken

Übersetzungen für den Dialog

Über den chinesischen Staat und seine Regierung kann sich ein deutschsprachiges Publikum mittlerweile fast täglich in den Medien informieren. Dabei tritt in den Hintergrund, dass China auch ein Land mit einer regen intellektuellen Diskussion ist. Nicht immer kann sich diese zwar auf dem Festland frei entfalten, doch gibt es eine große Zahl an geistig unabhängigen Köpfen, die sich über ihr Land und die Welt Gedanken machen und Wege finden, ihre Thesen zu publizieren. Wer China verstehen möchte, darf sich nicht nur aus tagesaktuellen journalistischen Berichten informieren, sondern muss sich auch mit der intellektuellen Szene Chinas auseinandersetzen.

Vor diesem Hintergrund hat sich das in Kooperation mit der Werner Reimers Stiftung und dem Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie durchgeführte Übersetzungsprojekt »China - Normen, Ideen, Praktiken« zum Ziel gesetzt, eine Reihe ausgewählter Texte zeitgenössischer chinesischer Autorinnen und Autoren ins Deutsche zu übersetzen und zu veröffentlichen. Im Mittelpunkt stehen Texte, die einen grundsätzlichen wie auch wichtigen Beitrag zu aktuellen Themen darstellen. Die Texte sollen sich grundlegenden Fragen von Recht und Politik in China widmen, vorzugsweise in historischer Perspektive. Sie sollen helfen, ein Verständnis für die Selbstauslegungstraditionen Chinas zu entwickeln. Die einleitenden Kommentierungen der Übersetzungen sollen es den deutschen Lesern und Leserinnen erleichtern, die Texte in ihre Kontexte einzuordnen.

Für den ersten Übersetzungszyklus wurden die nachfolgenden drei Monografien ausgewählt, die in der Reihe »China - Normen, Ideen, Praktiken« von Sabine Dabringhaus, Thomas Duve, Hans van Ess und Albrecht Graf von Kalnein herausgegeben werden:

Band 1: 葛兆光: 历史中国的内与外:有关中国”概念的再澄清 
(Ge Zhaoguang: Das Innen und Außen im historischen China: Eine erneute Klärung der Begriffe ‚China‘ und ‚Peripherie‘)

Die chinesische Originalausgabe erschien im Jahr 2017 bei The Chinese University of Hongkong Press.

Deutsche Übersetzung, erschienen am 17.05.2023:

„Zentrum und Peripherien in der chinesischen Geschichte. Dynamische Grundlagen des heutigen China“ von Ge Zhaoguang. Aus dem Chinesischen von Maja Linnemann, mit einer Einleitung von Sabine Dabringhaus.

Über das Buch:

Innen und Außen, Zentrum und Peripherien standen in der Geschichte Chinas stets in dialektischer Wechselbeziehung. Gestützt auf Quellen und Fachliteratur aus führenden chinesischen wie aus japanischen und koreanischen Archiven und Bibliotheken eröffnet der Autor neue Sichtweisen, wie sich die Menschen des Vielvölkerreichs über Zeiten, Räume und Herrscherdynastien hinweg in ihrer jeweiligen Region und Kultur verorteten. Eindringliche Schilderungen der Korrespondenz am Hofe der Song-Dynastie (960–1279 n. C.) etwa lassen nachvollziehen, wie verschieden schon vor eintausend Jahren Fragen nach Reichsverständnis, kulturellem Profil und Zugehörigkeit(en) verhandelt wurden. Das Buch des in China lebenden Autors hilft zu verstehen, wie sich in China bis heute Selbstbild und Fremdbilder begegnen, abgrenzen und verschränken.

Band 2: : 东西之间的西藏问题 
(Wang Hui: Die ‚Tibet-Frage‘ zwischen Ost und West)

Die chinesische Originalausgabe erschien im Jahr 2014 bei SDX Joint Publishing.

Deutsche Übersetzung, erschienen am 29.11.2023:

„Nachdenken über Tibet. Chinesische Ansichten zur Orientalismus-Debatte“ von Wang Hui. Aus dem Chinesischen von Carsten Schäfer, mit einer Einleitung von Hans van Ess und Carsten Schäfer (Open Access).

Über das Buch:

Die Frage nach der Zugehörigkeit Tibets zum chinesischen Kulturraum sorgt seit langem für Debatten. Nachdem das tibetische Hochplateau im 18. Jahrhundert China eingegliedert wurde, drang um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die britische Kolonialmacht aus Indien nach Tibet vor. Woher kommt es, dass westliche und chinesische Ansichten zur »Tibet-Frage« so stark divergieren? In seiner Analyse erörtert Wang Hui Probleme, die weit über den Einzelfall Tibets hinausgehen: Was macht einen Nationalstaat heute aus? Lässt sich dieses westliche Konzept auf den ostasiatischen Fall übertragen, in dem die Beziehungen zwischen politischer Zentrale und staatlich wenig definierten Regionen historisch ganz anders gewachsen sind? Ist das Nationalstaatsprinzip überhaupt noch aktuell oder schürt es religiöse, soziale und ethnische Konflikte? Das Buch bietet fundierte Einsichten zu einer Schlüsselregion der Welt und lädt kundig wie thesenreich zu gemeinsamer Debatte ein.

 

Band 3: 梁治平: 论法治与德治:对中国法律现代化运动的内在观察
(Liang Zhiping: Über die Herrschaft des Rechts und die Herrschaft der Tugend: Eine innere Beobachtung von Chinas juristischer Modernisierungsbewegung. Beijing: Jiuzhou, 2020.)

Diese Monographie befindet sich derzeit in der Übersetzung.