Das globale Pontifikat von Pius XII
Katholizismus in einer geteilten Welt, 1945-1958
Nach umfassenden öffentlichen Debatten über die Rolle der katholischen Kirche während des Zweiten Weltkriegs wird eine neue Forschungsgruppe der Max Weber Stiftung nun die Geschichte des Vatikans nach 1945 nachvollziehen. Obwohl das Pontifikat Pius‘ XII mit einem sich stetig verstärkenden Säkularismus zusammenfiel, steht es für das Wiedererstarken der katholischen Kirche als einflussreicher globaler Akteur. In diesen konfliktreichen, aber auch dynamischen Jahren nahm der Vatikan eine zentrale Rolle in der internationalen Politik ein. Gleichzeitig bezog er in ideologischen Konflikten eindeutig Position und gestaltete damit die internationale politische Landschaft.
Die neue Transnationale Forschungsgruppe wird langfristig ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bilden, die zu Europa, Lateinamerika, Afrika und Israel forschen. Die Forschungsgruppe ist eine Kooperation zwischen den Deutschen Historischen Instituten in Rom und Warschau. Weitere institutionelle Partner sind die LMU München, das Collegium Carolinum München, das Latin American Centre/University of Oxford, die École Française de Rome, die Hebrew University/Sicsa, die Universität Löwen/KADOC und die Universität Fribourg.
Insgesamt wird die Gruppe vier große Forschungsbereiche abdecken:
1. Der Kalte Krieg
2. Dekolonisierung im Globalen Süden
3. Historische Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust
4. Demokratisierung der westlichen Welt
Gemeinsam bilden diese vier Themen ein zusammenhängendes Forschungsgebiet, in dem sich die Historiker und Historikerinnen mit einer Vielzahl von Fragen auseinandersetzen: Was waren die wichtigsten institutionellen, sozialen und religiösen Veränderungen in der globalen katholischen Gemeinschaft unter dem Pontifikat von Pius XII.? Wie war die Haltung des Vatikans gegenüber Demokratie und Menschenrechten sowie totalitären und autoritären Regimen? Wie gingen Pius XII. und die Kurie mit den Hinterlassenschaften des Faschismus, der Kollaboration, und der Shoah innerhalb der katholischen Kirche um? Wie reagierte der Heilige Stuhl auf die Gründung Israels oder auf die Bewegungen der Entkolonialisierung in Afrika und Asien?
Dies sind einige der Fragen, die die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dieser Gruppe nicht nur im Vatikan, sondern auch in Archiven in Europa, Israel, Afrika und Lateinamerika erforschen werden. Letztlich zielt das Projekt darauf ab, über klassische Themen wie Kirchen- oder Religionsgeschichte hinauszugehen. Stattdessen setzt es sich mit neueren Ansätzen der globalen, transnationalen und postkolonialen Geschichtsschreibung auseinander. Auf diese Weise wird das Projekt Fragen zur Religion in die moderne Nachkriegsgeschichtsschreibung einbringen.
Erfahren Sie hier mehr über die Transnationale Forschergruppe "Das globale Pontifikat Pius XII“
Das Förderformat der Transnationalen Forschungsgruppen der MWS wurde im Jahr 2012 beschlossen. Ziel des Formats ist es, grenzüberschreitende geisteswissenschaftliche Netzwerke zu schaffen, vor allem mit Regionen, in denen Deutschland bisher institutionell wenig präsent war. Darüber hinaus sollen die Transnationalen Forschungsgruppen zur Entwicklung von nachhaltigen Forschungsinfrastrukturen auch über das Ende des Projektzeitraums hinaus beitragen. Hierfür erhält ein Institut der Max Weber Stiftung eine finanzielle Unterstützung von 500.000 Euro pro Jahr für eine Dauer von bis zu fünf Jahren.
Die erste Transnationale Forschergruppe der Max Weber Stiftung zum Thema „Poverty Reduction and Policy for the Poor between State and Private Actors: Education Policy in India since the Nineteenth Century“ (2013–2017) wurde vom Deutschen Historischen Institut London in Neu Delhi, Indien, gegründet. Die zweite Transnationale Forschergruppe „Die Bürokratisierung der afrikanischen Gesellschaften“ (2017–2021) wurde vom Deutschen Historischen Institut Paris in Dakar, Senegal, eingerichtet.