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DHI Paris

Albert Schirrmeister

Damit beschäftige ich mich:

Meine Forschungen verstehen sich insgesamt als Beitrag zu einer historisch-anthropologisch orientierten Kultur- und Wissensgeschichte der europäischen Frühen Neuzeit. Schon bei meiner Beschäftigung mit dem Renaissance-Humanismus habe ich diesen als Teil einer Kulturgeschichte des Politischen der Frühen Neuzeit betrachtet. Mein besonderes Interesse gilt der Frage, wie Menschen ihre Zeit ordnen und wahrnehmen – daher beschäftige ich mich mit der Geschichte von Gewohnheiten und ihrer sozialen und kulturellen Einordnung, etwa am Gegensatz von Faulheit und Muße. In den letzten Jahren habe ich mich in diesem Zusammenhang auf Praktiken und Konzepte von Erwartung und des Erwartungshandelns konzentriert; ein Bereich, der auch in der von mir edierten diplomatischen Korrespondenz zum Westfälischen Frieden von besonderer Bedeutung ist.

Was reizt mich an meinem Forschungsfeld?

Die Frühe Neuzeit ist „in weiter Ferne, so nah“. Vermeintlich Vertrautes wird in der geschichtswissenschaftlichen Arbeit gezielt verfremdet. Die Geschichtswissenschaft kann helfen, Abstand zu vermeintlichen Gewissheiten zu gewinnen und – besonders mit einer anthropologischen Perspektive – eine methodisch abgesicherte Selbstreflexivität einzuüben. Am aktuellen Editionsprojekt fasziniert mich, wie sich in den Briefwechseln die soziale und politische Abhängigkeit von Handlungsspielräumen beobachten lässt und wie die Wahrnehmung von zeitlicher und räumlicher Distanz die Gestaltung von Möglichkeiten eröffnet. Darüber hinaus schärft gerade die editorische Arbeit den Blick für – teils ganz unerwartete – Details und Kleinigkeiten, die in einem größeren Zusammenhang Bedeutung erlangen können.

Was ist die größte Herausforderung meiner Forschung?

Im Editionsprojekt besteht sicherlich die größte Herausforderung darin, dass ich einen Text gestalten muss, der weniger meine eigenen Interessen vorführt, als dass er zur Aufgabe hat, möglichst vielen Perspektiven und Forschungsinteressen einen Zugang zu dem Korpus zu eröffnen. Außerdem geht es bei der editorischen Arbeit ganz besonders um die Genauigkeit und Verlässlichkeit der Textgrundlage und der Informationen! Insofern bietet ein Editionsprojekt, vielleicht noch mehr als andere Forschungsprojekte, die Chance, die eigene Standortgebundenheit zu reflektieren.

Institutionelle Zuordnung und Aufgabe:

Dr. Albert Schirrmeister ist derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Paris.

Beiträge aus dem Themenportal

Den Frieden schreiben – die Edition der französischen Korrespondenzen zum Westfälischen Frieden (Acta Pacis Westphalicae, Mai–Oktober 1648)

In historisch-kritischer Edition enthalten die „Acta Pacis Westphalicae“ (APW) die wichtigsten Akten und Urkunden des Westfälischen Friedenskongresses. Doch ausgerechnet die französischen Korrespondenzen aus dem Zeitraum von Mai bis Oktober 1648 wurden bislang nicht ediert. Albert Schirrmeister vom DHI Paris schließt diese Lücke mit seiner Arbeit, die einen Einblick in die letzten, ereignisreichen Verhandlungsmonate vor dem Friedensschluss am 24. Oktober 1648 ermöglicht.