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OI Istanbul

Esther Voswinckel Filiz

Damit beschäftige ich mich:

Am Orient-Institut Istanbul betreue ich das Forschungsfeld „Religionsgeschichte Anatoliens“. Als Religionsethnologin beschäftige ich mich vor allem mit Religionen als Teil des gelebten Alltags – in Istanbul und in Anatolien, und darüber hinaus. Fokus der Religionsforschung am Orient-Institut Istanbul liegt auf der materiellen und ästhetischen Seite des Religiösen. Hierzu gehören die Beschäftigung mit Orten, Räumen und der Landschaft als vitalen Faktoren religiöser Praktiken und Überlieferungen, Forschungen zur sinnlichen Seite des Religiösen sowie die vertiefende Untersuchung alter und neuer Dinge, Medien und Stofflichkeiten des religiösen Alltags – von Amuletten und Berührungsreliquien über textile Paraphernalia bis hin zu Duftessenzen und Speisen. Mein eigener, derzeitiger Schwerpunkt innerhalb dieses weiten Feldes liegt auf der Erforschung materieller Kultur des Sufismus und textiler Aspekte lokaler Überlieferungen.

Was reizt mich an meinem Forschungsfeld?

Vor kurzem besuchte ich in Istanbul eine griechisch-orthodoxe Kirche im Stadtteil Fener. Die in Silber eingefassten Ikonen werden dort jeden Morgen mit Rosenwasser besprüht. Dieses Rosenwasser kauft die Hausmeisterin der Kirche (eine Christin, die aus der Nähe von Antakya/Antiochia stammt) im ein paar Schritte weiter oben gelegenen, streng islamisch-konservativen Viertel Çarşamba in einem der unzähligen Läden für muslimische Frömmigkeitsartikel. Muslim*innen und Christ*innen in Istanbul benutzen mitunter das gleiche Rosenwasser. Solche alltäglichen Entdeckungen machen mich immer wieder neugierig auf die Ebene der Praktiken und der sinnlichen Erfahrungen, die einen Bereich der gelebten Gemeinsamkeiten jenseits aller Unterschiede im Bereich der Doktrinen und Überlieferungen eröffnen.

Was ist die größte Herausforderung meiner Forschung?

Eine inspirierende Herausforderung liegt für mich in der Feststellung, dass sich Begriffe der internatlionalen Wissenschaftssprache wie „material religion“ oder „materialities“ - so die Sammelnamen von Forschungsansätzen - sehr schwer ins Türkische (wie auch ins Persische oder Arabische) übersetzen lassen. Die Zusammenarbeit mit türkischen Kolleginnen und Kollegen an verschiedenen Universitäten in istanbul auf diesem Gebiet und unsere Diskussionen über Übersetzungen oder alternative Begriffe und mögliche Terminologien stellen ein überaus spannendes Feld der interdisziplinären Austausches dar und leisten, von den „Rändern Europas“ her, einen Beitrag zur Theoriebildung in unseren Fächern.

Institutionelle Zuordnung und Aufgabe:

Dr. Esther Voswinckel Filiz ist in Stellvertretung von Prof. Dr. Robert Langer (derzeit beurlaubt) für das Forschungsfeld „Religionsgeschichte Anatoliens" am Orient-Institut Istanbul verantwortlich.

Beiträge aus dem Themenportal

Fäden und Fährten: Eine Religionsgeschichte Istanbuls anhand textiler Überlieferungen

Wenn es um die Erforschung der Istanbuler Religionsgeschichte geht, liegt der Fokus meist auf schriftlichen Quellen. Textile Überlieferungen des Religiösen wie Stoffe und Kultgewänder spielen dabei hingegen eine untergeordnete Rolle. Doch gerade diese nicht-textuellen Überlieferungen sind es, die auch einen Einblick in zeitgenössische religiöse Praktiken eröffnen können.