Unser Netzwerk

DHI Washington

Raphael Rössel

Damit beschäftige ich mich:

Ich interessiere mich für die europäische und nordamerikanische Sozial- und Kulturgeschichte des 19.-21. Jahrhunderts. Insbesondere untersuche ich Prozesse gesellschaftlicher Privilegierung und Diskriminierung. In meinem Habilitationsprojekt widme ich mich der Frühgeschichte des Hazing. Hierbei handelt es sich um gewaltsame Initiationsriten, die US-Studierende z.B. beim Eintritt in elitäre Verbindungen über sich ergehen lassen mussten – und auch heute oft ertragen müssen. Darüber hinaus beschäftige ich mich mit der europäischen und transatlantischen Geschichte von Menschen mit Behinderungen (Disability History).

Was reizt mich an meinem Forschungsfeld?

Es reizt mich, aktuellen Problemkomplexen eine historische Tiefendimension zu verleihen. Hazing ist eine oft beschwiegene, aber alltägliche Gewaltpraktik an vielen US-Colleges. Noch gibt es aber keine geschichtswissenschaftliche Betrachtung dieser Praktik auf nationaler Ebene. Insbesondere über die Anfänge des Hazing-Phänomens ist nur wenig bekannt. Die Ursprünge eines in der Gegenwart kontrovers diskutierten Phänomens zu ergründen und dem Wandel des individuellen, administrativen und gesellschaftlichen Umgangs mit diesem Phänomen nachzuspüren, treibt mich in meiner Forschung besonders an.

Was ist die größte Herausforderung meiner Forschung?

Hazing betraf in meinem Untersuchungszeitraum des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts Millionen von Studierenden an einer Vielzahl von Campusstandorten. Die Geschichte eines derart dezentralen Forschungsgegenstandes zu schreiben, ist eine große Herausforderung. Dieser begegne ich nicht nur mit vielen Archivaufenthalten, sondern ich hinterfrage and justiere zudem permanent meine eigene Forschungsweise. So sehr die Arbeit mit einer fragmentierten Überlieferungslage organisatorische Herausforderungen birgt, so ist es ein besonderer Reiz für mich, aus vielzähligen Einzelfällen übergreifende Entwicklungen herauszuarbeiten.

Institutionelle Zuordnung und Aufgabe:

Dr. Raphael Rössel ist Research Fellow für Nordamerikanische Geschichte am Deutschen Historischen Institut in Washington. Neben der Arbeit an seinem Habilitationsprojekt unterstützt er die Einbindung der Kategorie Dis/ability in das DHI-Forschungsprofil. Darüber hinaus ist er unter anderem Mitherausgeber der Reihe „Transatlantische Historische Studien“ und des Blogs „History of Knowledge“.

Beiträge aus dem Themenportal

Die Erniedrigung vor dem Aufstieg. Hazing an US-Universitäten (1850er-1930er Jahre)

Gewalt, Trinkgelage, Demütigungen. Wer in den USA Teil von Hochschulgruppen werden möchte, muss sich oft extremen Riten unterwerfen. Die Hälfte aller US-Studierenden hat laut Umfragen das sogenannte Hazing erlebt, das nahezu jährlich Todesopfer fordert. Seit vielen Jahrzehnten versuchen Hochschulen durch Verbote – erfolglos – diese Praxis einzudämmen. Raphael Rössel vom Deutschen Historischen Institut Washington widmet sich in seiner Forschung der bisher eher unbekannten Frühgeschichte dieser Rituale.