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DHI Washington

Richard F. Wetzell

Damit beschäftige ich mich:

Ich forsche zur deutschen Geschichte vom späten 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. In meinem Projekt zur Geschichte der deutschen Strafrechtsreform, 1870-1970, geht es um eine Strafrechtsreformbewegung, die den Zweck der Strafe nicht mehr in der vergeltenden Gerechtigkeit, sondern im Schutz der Gesellschaft sah. Die Reformbewegung brachte die Justiz in Kontakt mit kriminologischer Forschung, transformierte das Verständnis des Rechtsstaates, und veränderte das Verhältnis der Strafjustiz zu anderen Formen staatlicher Intervention, wie Fürsorgeerziehung oder medizinische Behandlung.

Was reizt mich an meinem Forschungsfeld?

Es ist für mich besonders spannend, die Entwicklung der deutschen Strafrechtsreformbewegung durch die unterschiedlichen politischen Regime, vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und die nationalsozialistische Diktatur bis in die Zeit nach 1945 in beiden deutschen Staaten zu verfolgen. Es gab da sehr viel mehr Kontinuität als man annehmen würde. Die unterschiedliche politische Akzentuierung in den verschiedenen Regimen lässt in der Gesamtschau sowohl die fortschrittlichen als auch die repressiven Implikationen verschiedener Reformforderungen mit größter Klarheit hervortreten.

Was ist die größte Herausforderung meiner Forschung?

Die Herausforderung rührt vor allem daher, dass ich keine Rechtsgeschichte für Juristen schreiben möchte, sondern eine Geschichte der Strafrechtsreform in ihrem gesellschaftlichen und politischen Kontext. Deshalb bemühe ich mich, die gesellschaftliche und politische Bedeutung juristischer Reformen allgemeinverständlich herauszuarbeiten. Außerdem ist mir wichtig, die Geschichte als eine offene Geschichte mit vielen Ambivalenzen zu erzählen. Die Strafrechtsreformer um 1900 konnten nicht wissen, dass 1933 ein diktatorisches Regime an die Macht kommen würde; aber es ist trotzdem wichtig, die Kontinuitätsfrage zu stellen und nuanciert zu analysieren.

Institutionelle Zuordnung und Aufgabe:

Richard F. Wetzell ist Research Fellow am Deutschen Historischen Institut in Washington.

Beiträge aus dem Themenportal

Geschichte der deutschen Strafrechtsreform, 1870-1945

Die strafrechtliche Ahndung von Straftaten, aber auch geeignete Präventionsmaßnahmen gegen Kriminalität sind immer wieder Gegenstand nationaler und internationaler Debatten. In Deutschland entstand bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine Strafrechtsreformbewegung, die grundlegende Veränderungen in der deutschen Strafjustiz anstrebte. Richard F. Wetzell vom Deutschen Historischen Institut Washington befasst sich in seiner Forschung mit der historischen Entwicklung dieser Bewegung.